Nun bin ich noch nicht seit Ur-Zeiten in der Versicherungsbranche auf IT-Projekten unterwegs. Dennoch würde ich behaupten, dass ich im Laufe der letzten Jahre einen relativ guten Überblick darüber gewinnen konnte, wie gerade Leuchtturm-Projekte bei den Großen der Branche durchgeführt werden und worauf dort bei der Umsetzung der Fokus liegt.
Ein Punkt der auffällt ist, dass viele Versicherer bei solchen Umsetzungsvorhaben nahezu ausschließlich damit beschäftigt sind, die "Basics" zum Laufen zu bringen. Mit "Basic" ist zum Beispiel gemeint, dass ein Angebotsprozess vom Frontend bis zum Backend (Policy-Management, OMS, etc.) fachlich/technisch einwandfrei funktioniert. Das ist zum einen nicht verwunderlich, da manche Geschäftsprozesse mit ihrer Vielzahl an Variationen und den dabei involvierten Applikationen nun einmal relativ komplex sind.
Zum anderen ist es aber in meinen Augen schon ein wenig enttäuschend, dass anscheinend so gar kein Drive dahingehend zu sehen ist, für die Anwender der Software auch mal etwas Neues, für den kurzen Moment Begeisterndes hinzustellen.
Begeisterung von Kunden bekommt man nicht geschenkt!
In dem Schaubild habe ich diesen Umstand einmal versucht darzustellen. Und zwar basierend auf dem bekannten Kano-Modell. Das Modell in aller Kürze zusammengefasst:
Im Schaubild geht es um keinen bestimmten fachlichen Kontext. Nun könnte man sicherlich auch separate Schaubilder jeweils aus der Sicht einer Anwendergruppe (Endkunde, Sachbearbeiter, Vertriebspartner) machen. Der Einfachheit halber - und weil es ausreicht, um meinen Standpunkt herüberzubringen - habe ich alles in einem Schaubild vereint.
Wir sind aus anderen Bereich mittlerweile gewöhnt, dass wir z. B. eine Email-Notification erhalten, sobald ein Paket losgeschickt wurde. Und nicht nur das: auch wenn der Kurierdienst nur noch x-Stopps vom Zuhause entfernt ist, wird man benachrichtigt und man kann dies wunderbar auf einer Map sehen.
Wie sieht es bei der Schadenbearbeitung in der Versicherungsbranche aus? Nun, weit weg von dem, was a) heute möglich wäre und b) was bei den meisten Kunden wohl Begeisterung auslösen würde, wäre es denn doch anders.
Warum nicht so:
Ich behaupte, dass ist mit den heutigen Systemen bei vielen Versicherern mit ihren digitalen Postkörben und Co. ohne ausufernde Aufwände möglich umzusetzen. Gesehen habe ich sowas allerdings noch nicht. Weder bei mir selbst als Endkunden, noch im Backlog eines Versicherers.
Einige Versicherer bauen dedizierte Frontends für Ihre Vertriebspartner. Dabei ist der Unterschied in den Antragsstrecken aus meinen bisherigen Erfahrungen heraus eher marginal. Wenn, dann werden die TAA-Strecken für Vertriebler eher so gebaut, dass mehr Attribute auf eine Maske gepackt werden, wohingegen beim Endkunden die Designer eher darauf bedacht sind, ein bis zwei Attribute dort zu platzieren.
Wenn ich Vertriebler wäre, dann fände ich folgende Feature auf jeden Fall super:
Ich bin mir sicher, dass ein oder andere an nützlichen Informationen könnte man aus Systemen wie SAP FS-ICM herausziehen und dann so anreichern, dass sie dem Vertriebler einen Mehrwehrt bieten.
Wer schon mal in einer Leistungsabteilung eines Krankenversicherers gearbeitet hat oder in diesem Bereich Softwaresysteme konzipiert und umgesetzt hat, der weiß, dass es eine Vielzahl an ICD-Schlüsselnummern gibt, mit denen Krankheiten auf Rechnungen spezifiziert werden.
Das hier ist sicherlich das komplexeste Feature, welches im Schaubild vorkommt - deswegen ja auch weit rechts oben anzutreffen - jedoch für den Sachbearbeiter zur Einschätzung der Situation besonders hilfreich:
Die Maschine würde hier also bei einem Teil der Leistungsprüfung überaus hilfreich unterstützen (ohne diese allein darauf basierend fallabschließend durchführen zu können) und würde lange interne Prozesse verkürzen (Vorlage des Falls zur Prüfung beim Mediziner in der Abteilung, etc.), was den Kunden zugute kommt.
Vielleicht wären es die Aufwände und Zeit wert, in die Entwicklung und Umsetzung solcher Feature aus der Kategorie "Begeisterungsfaktoren" zu investieren, um bei den Kunden immer wieder das Gefühl hervorzuholen, dass die Fokussierung auf die Digitalisierung auch tatsächlich mit einem gefühlten und erlebbaren Fortschritt verbunden ist.